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Knapp ein Jahr nach Hans-Joachim Maaz’s berühmt gewordener und wiederholt vorgetragener „Psychoanalyse“ der Bundeskanzlerin, der „politischen Klasse“ und der gesamten Nation anlässlich der sog. „Flüchtlingskrise“ ist am Ende des Jahres 2016 die Stimmung in Deutschland zwar so verbittert, verunsichert und insgesamt affektiv aufgeladen wie lange nicht zuvor, ein gesellschaftlicher oder ökonomischer Schaden, der auf den sogenannten Flüchtlingszustrom zurückführbar wäre, ist hingegen nicht auszumachen. Auf den Straßen Deutschlands werden weder wehrlose Rentner ausgeraubt, noch blonde Frauen zu Boden gestreckt. Deutsche Staatsbürger verlieren nicht massenweise ihre Arbeitsplätze an Geflüchtete. Das befürchtete anarchistische Chaos und die „Zerstörung“ im Staat, wie vom Autor des Gastbeitrags „Wir haben ein Narzissmusproblem“ (ursprünglich erschienen am 26.02.2016 bei Cicero.de) ängstlich- pessimistisch diagnostiziert, ist – sieht man einmal ab von den lauten, wütenden „Meinungsäußerungen“ der Bürger, die Maaz als „besorgt“ und „normal“ klassifizierte ab -, bislang ausgeblieben.
Psychologen (und all die Angehörigen der anderen verwandten „Psycho-Berufe“) haben es nicht leicht. Häufig werden sie belächelt, ihre Äußerungen nicht ernst genommen, nach wie vor von unaufgeklärten Bürgern als unwissenschaftlich abgetan und in eine Art Esoterik-Ecke verbannt. Es sei denn, sie bringen etwas zum Ausdruck, das die eigene Wahrnehmung und Überzeugung in „psychologischer“ Sprache untermauert. Dann schlagen die Worte von vermeintlich renommierten Psycho-Analytikern ein wie eine Bombe. Mehr noch: Sie scheinen jetzt endlich die Grundlage zu liefern für das, was man als „falsch“ kategorisiert und ablehnt.
Die Gefahr jedweder psychologischen Analyse von Menschen oder Menschengruppen (nicht nur zum Zweck der Untermauerung politischer Forderungen wie „Die Grenzen müssen geschlossen werden.“ und ähnlichen) ob aus der Nähe oder aus der Ferne liegt darin, deren Handlungen und Empfindungen, meist die Personen in Gänze als abnormal, krank identifizieren zu wollen und ihnen die „Richtigkeit“ aufgrund dieser Kategorisierung abzusprechen. Die Gefahr einer solchen Analyse liegt immer in einer möglichen unzutreffenden Psycho-Pathologisierung. Unter dieser Problematik haben tagtäglich viele Patienten in psychiatrischen Krankenhäusern zu leiden, wenn unter dem Label „gestört“ plötzlich eine jede (unangenehme) Verhaltensäußerung unter Vernachlässigung der Berücksichtigung anderer äußerer Faktoren einseitig der Krankheit oder gestörten Persönlichkeit zugeschrieben und damit jedwede sinnvolle psychologische Ursachenforschung ab adsurdum geführt wird.
H.-J. Maaz glaubte im Januar des inzwischen als „Hass-Jahr“ betitelten 2016s die „Zerstörung unserer Gesellschaft durch die nicht gelöste Flüchtlingsproblematik“ und eine „tiefe Krise“ vorhersehen zu können. Doch der leidenschaftlich-energisch vorgenommenen Analyse des Berufskollegen mangelte es bereits unter anderem an der Definition des Ist-Zustands, die bedauernswerterweise überhaupt nicht vorgenommen wurde. Der Analysierende analysierte zwar mögliche Ursachen der postulierten „Zerstörung“, sparte aber den ersten Schritt der Analyse aus, die Diagnose: Vor einer jeden Erklärung und Ursachenforschung muss sinnvollerweise eine Diagnose stehen. Dies ist auch deshalb so wichtig, weil von Worten wie „Zerstörung“ nun einmal eine Wirkung ausgeht, die eher in eine ängstliche und wütende Richtung ausschlägt, als in eine optimistisch-positive. Wie die Zerstörung (des Abendlandes?) nun konkret aussieht oder aussehen wird, bleibt jedoch der Fantasie des Lesers überlassen.
Die Ursachen dieser unkonkreten „Zerstörungsbedrohungslage“ jedoch sieht der Autor in einer „unkontrollierten Flüchtlingspolitik“, deren Ursache wiederum in der narzisstischen Bedürftigkeit Angela Merkels und des Volks auszumachen sei.
Von Januar bis September 2016 zählte des Bundeskriminalamt (BKA) 214.600 Straftaten durch Migranten, die meisten von ihnen kleine Vergehen wie Schwarzfahren oder Diebstahl. In 1,3% der Fälle handelte es sich um Sexualdelikte, versucht oder vollendet. Syrer, Iraker und Afghanen seien nur für 1/3 dieser 214.600 Taten verantwortlich, machten aber gleichzeitig 2/3 der Zuwanderer aus. Migranten aus anderen Staaten tauchten häufiger in der Kriminalstatistik auf. Die meisten der Täter von Köln waren keine Flüchtlinge. Sie haben, anders als etwa syrische Kriegsflüchtlinge, keine Perspektive auf legalen Aufenthalt in Deutschland.
Doch diese Fakten lassen die deutsche Angst und Wut kalt, sie prallen an ihr ab. Denn die eigentlich Angst beinhaltet nicht die Angst vor ökonomischem Schaden und beinhaltet nur sekundär die Angst vor Kriminalität der „Fremden“. Sie scheint mir größtenteils tiefergehend und eher rassistischer Natur. Es ist letztendlich die Angst vor Selbstverlust, vor der „Abschaffung“ (Sarrazin) des deutschen Volks durch Ersatz eines anderen Völkerstamms. Aus dieser Angst heraus werden alle möglichen Rationalisierungen (gute Gründe) für die Angst, die nicht benannt werden kann, erschaffen.
H.-J. Maaz sprach bei den Geflüchteten von „Menschen mit hochproblematischen, kulturell und religiös verankerten Fehlentwicklungen“ und nun gar zu lösenden Fragen einer „Sexualökonomie“ durch die Flüchtlingsproblematik und sieht hier scheinbar ein ganzes etabliertes Sexualsystem (der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, das zumindest in der Theorie in Deutschland vorhanden ist) im Lande in Gefahr.
„Political-Correctness-Zensur, moralisierender Mainstream, vorauseilender Gehorsam“
All dies möchte Hr. Maaz in der deutschen Gesellschaft und Bevölkerung identifiziert haben. In der Realität jedoch ist das Gegenteil der Fall: Jede Woche sitzen seit einiger Zeit Vertreter der Partei „Alternative für Deutschland“ in den sogenannten politischen TV-Talkshows und beklagen, „dass sie nicht sagen dürfen, was sie jede Woche dort sagen.“ (Dieter Nuhr, 2016). Politiker aller demokratischen Parteien gehen immer wieder in einen anstrengenden Diskurs mit einer keifenden, unbeirrbaren, kämpferisch-verbissen anmutenden Frauke Petry und anderen. Bernd (oder Björn) Höcke konnte seiner Heimatliebe durch Verzierung seiner Sitzgelegenheit mit einer Deutschland-Fahne bei Günther Jauch Ausdruck verleihen und gleichzeitig die (halluzinierte) Meinungszensur im Land beklagen. Wenn man auf der Facebook-Seite von Frauke Petry etwas Kritisches äußert, wird man schneller als man schauen kann auch schon wieder geblockt.
Die seit 20.12.2014 stattfindenden „PEGIDA“-Demonstrationen, auf denen man unter anderem Politiker an Galgen hängen sehen konnte, sind ,wenn überhaupt, durch die eigene organisatorische Inkompetenz der Bewegung etwas ins Abseits geraten, sicher nicht durch „Meinungsdiktatur und Zensur“. Laut Recherchen der Welt legen verschiedene Twitter-Tweets von „LEGIDA“ nahe, dass bei der sächsischen Polizei unbefugt Interna an diese weitergegeben haben könnten. In den sozialen Netzwerken findet der sogenannte „Wutbürger“ das ihm notwendige Ventil zum Abladen und Ausagieren seiner Aggressionen, größtenteils ohne dafür strafrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Mittlerweile hat sich die „Mainstream-Meinung“ über eine angeblich unverantwortliche Flüchtlingspolitik im Land derart entwickelt, dass man auch keinen Halt mehr macht vor der Instrumentalisierung des größten Verbrechens der Menschheitsgeschichte, dem Holocaust, für aktuelle politische Zwecke. Verschwörungstheorien haben wieder Platz gefunden. Auf Angela Merkel wird derweil geschimpft, wie auf keinen zweiten Menschen. Auch Maaz ruft dazu auf, Merkel’s Rücktritt mit Nachdruck einzufordern. Sollen alle Politiker, gar alle Menschen, die in den Augen einiger, aber nicht aller, einen konstatierten „Irrtum“ begangen haben, ihre Arbeitstätigkeit niederlegen? – lautet nur eine der offen bleibenden Fragen diesbezüglich. Die Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte hat sich 2015 laut Bundeskriminalamt verfünffacht.
In einer solchen Stimmungs-Situation im Land political-correctness-Mainstream ausmachen zu wollen, erscheint mir deutlich wahrnehmungsverzerrt und zu weiterer Spaltung der Gesellschaft ermutigend.
Eine andere Wahrnehmung könnte folgende sein: Statt „Größenwahn“ könnte man Merkel’s „Wir schaffen das.“ auch als einen aus Unsicherheit entstandenen durchaus verständlichen kompensatorischen Versuch, sich und den anderen Mut zu machen oder auch gar als eine realistische Einschätzung der Lage basierend auf der Kenntnis dessen, dass Deutschland in der Vergangenheit mit ähnlich starken Migrationsbewegungen fertiggeworden ist (zwischen 1960 und 1973 sowie im Zeitraum 1989 bis 1995) sehen.
Angela Merkel’s Narzissmus / Motivorientiertes Verhalten
Jeder Mensch ist narzisstisch bedürftig. Das Ausmaß und dessen Konsequenzen entscheiden darüber, ob wir diese Bedürftigkeit als pathologisch einstufen. Von überdurchschnittlich hoch ausgeprägten narzisstischen Zügen könnte man beispielsweise auch ausgehen bei Menschen, die sich fortlaufend bemühen, die anderen zu belehren, dabei alles schon besser wissen und Applaus von einer (z.B. wütenden) Menge an Menschen, die bislang kein intellektuelles Sprachrohr hat finden können, einheimsen, um sich selbst als eine Art mutigen Rebell inszenieren zu können, der „endlich mal die Wahrheit spricht“, sei es drum, auch auf Kosten von Fakten und mit populistischer Überzeichnung; was nicht passt ,wird in einer radikalen Schwarz-Weiß-Sicht passend gemacht. Dies kann man als Politiker tun, aber natürlich auch als psychologischer Experte.
Menschliches Verhalten ist immer „motivorientiert“, Bedürfnissen entspringend. Wenn Menschen miteinander streiten oder „argumentieren“, geht es immer nur sekundär und an der Oberfläche um die Sache. In erster Linie versuchen Menschen durch ihr Handeln zunächst ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Die verschiedenen Bedürfnisse sind allen Menschen gemeinsam, bei manche Menschen ist ein spezifisches Bedürfnis stärker ausgeprägt und verhaltensmotivierend als bei einem anderen Menschen.
Mitmenschen zu helfen entspringt auch den eigenen Bedürfnissen, sich selbst als bedeutsam, gut und frei von Schuld zu erleben. Altruistisches Verhalten kann also gleichzeitig egoistisch motiviert sein, wie Hr. Maaz zutreffend darstellte. Einen Gastbeitrag in einem Medium zu veröffentlichen und damit eine Vielzahl von Lesern zu erreichen, entspringt auch dem eigenen Bedürfnis, sich selbst als bedeutsam zu erleben und Einfluss nehmen zu wollen. Vielleicht und für die Gemeinschaft ggf. hilfreich entspringt es auch dem zusätzlichen Wunsch danach, den eigenen Anteil zu einer „besseren, gerechteren Welt“ leisten zu können, auch dies kann aber ein ich-bezogenes Bedürfnis sein. Die wütenden Bürger nutzen aktuelle politische Themen u.a. für ihr Bedürfnis der Abreaktion ihrer Aggression, die sie schon lange mit sich herumschleppen. Auch der Wunsch, Bundeskanzlerin oder Staatschef eines Landes werden zu wollen, entspringt spezifischen Bedürfnissen. Es stellt sich auch die Frage, ob das „narzissmusgesteuerte politische Handeln“, das Maaz beklagt, überhaupt anders (nicht narzissmusgesteuert) denkbar ist.
Dass auch Angela Merkel nicht „frei“ von Bedürfnissen ist, ist, so scheint es, notwendig zu erwähnen. Wenn sie, in einer Welt in der die Veröffentlichung von Selfies an der Tagesordnung steht, von dankbaren Menschen fremdinitiativ (Merkel hat sich in keinster Weise selbstinitiativ als Heldin in Szene gesetzt) einige Male Fotografien mit sich machen lässt, rechtfertigt dies natürlich ganz sicher nicht die Ferndiagnose einer narzisstischen Störung mit einem pathologisch erhöhten „Anerkennungsbedürfnis“ und „Größenwahn“. Die spontane, authentische freundliche Reaktion Angela Merkel’s den dankbaren, glücklichen geflüchteten Menschen gegenüber offenbart meiner Wahrnehmung nach eine intuitive Herzenswärme, derer es manch anderer Politiker mangelt. Die öffentliche Reaktion jedoch auf solche in den heutigen Tagen seltene Begebenheiten der (Mit-)menschlichkeit, die den Vorwurf des „Anlockens“ weiterer Menschen in und mit weniger schwerwiegender Not beinhaltete, offenbart viel eher eine Abwehr jeglicher positiver Gefühlsregungen, die man vor lauter Groll und Verbitterung selber nicht imstande zu fühlen ist.
Man muss kein Merkel-Wähler oder CDU-Mitglied sein, um nach 11 Jahren Regierungszeit dieser Frau auch ihre Verdienste sehen und würdigen zu können. Man kann in Angela Merkel’s Person nicht nur eine in Teilen opportunistische, veränderungs-widerwillige Frau, sondern auch wichtige Eigenschaften der Durchhaltefähigkeit, Standhaftigkeit, Besonnenheit und zuletzt auch von Mitmenschlichkeit, Optimismus und Kritikfähigkeit sehen. Barack Obama erhielt 2009 den Friedensnobelpreis, weil er kluge Worte über Krieg und Frieden sprach, ohne aber zu diesem Zeitpunkt entsprechend preiswürdige Handlungen vorgenommen zu haben. Angela Merkel, als einzige Frau, als einzige Politikerin Europas, die sich an das im Grundgesetz verankerte Asylrecht sowie an die Genfer Flüchtlingskonvention hält und dementsprechend handelt, muss man nicht unbedingt einen Preis verleihen, aber ich meine, man könnte als Bürger, der eine solch hohe Verantwortung nicht zu tragen hat, ihr Handeln im Zuge der international krisenhaften Situation zumindest loben, anstatt einseitig in Ermangelung jeglichen Anstand-Gefühls voller Missgunst und Wut auf sie „draufzuhauen“, als gäbe es keinen Morgen, weil ein Sündenbock und eine Projektionsfigur für das eigene abgewehrte Unzulänglichkeitserleben dringend benötigt wird.
Angela Merkel zumindest ist offensichtlich keine Psychopathin, die in Kriege zieht oder sonstwie destruktiv gegen Menschen agiert. Zwar unterlässt sie aus Sicht vieler Menschen egal welcher politischer Richtung immer wieder notwendige Veränderungsmaßnahmen, jedoch stand sie viele Jahre lang wie keine andere für Stabilität und Sicherheit, Werte, für die das deutsche Volk sie immer wieder gewählt hat. Wie tiefgehend Angela Merkel’s narzisstische Bedürftigkeit sitzt: Ich weiß es nicht. Und: Es geht mich auch nichts an.
Das Jammern auf hohem Niveau derjenigen, die mit einem unvergleichbaren Schein-Selbstbewusstsein in diesen Tagen lautstark ihre menschenfeindlichen Parolen herausdröhnen, scheint mir oftmals ein willkommener neuer Lebensbegleiter dieser Schreier zu sein. Betrachtet man hier einseitig Angst als Motiv für diese lauten Stimmen, übersieht man, dass sich Menschen durch ihren Kampf gegen Fremdes eine neue Sinngebung und einen neuen Lebensinhalt, manche sogar einen neuen Job, zum Teil auch als resozialisierende Maßnahme der Straffälligkeit, zu eigen machen können, der ihrem anklagenden Verhalten eine für ihre Bedürfnissituation wichtige Funktion verleiht. Auch können sie sich einer Gruppe anschließen, was identitätsstiftend und bindungsbefriedigend gleichzeitig wirkt. Ein ruhiges, friedliches Leben in einer nicht gespaltenen Gesellschaft wäre für einen Teil dieser Menschen sicher unerträglich. Wut und Angst können miteinander zusammenhängen, sind aber keinesfalls automatisch gleichzusetzen, sie sind unterschiedliche Gefühlsinhalte.
Ich meine, die Psychologie ist in diesen Tagen der Verunsicherung und fortgeschrittenen gesellschaftlichen Spaltung so wichtig wie kaum eine andere wissenschaftliche Disziplin, wird dringend benötigt und mischt sich in den politischen Diskurs viel zu wenig ein. Auch eine Analyse von psychologischen Hintergründen politisch-gesellschaftlichen Handels, wie sie Hr. Maaz in Ansätzen vorgenommen hat, ist natürlich statthaft und kann hilfreich sein. Wenn sie sich jedoch einseitig in den Dienst eigener politischer Überzeugung als unverrückbare Wahrheit in Stein gemeißelt stellt, einer Überprüfung an den realen Gegebenheiten nicht stand hält und verkürzt ist, läuft sie Gefahr instrumentalisiert zu werden und wird gerade in Zeiten, in der Verschwörungsthematiken (Lügenpresse etc.) wieder öffentlich aussprechbar sind, einem legitimen Objektivitätsanspruch nicht gerecht.
Was nach Prüfung der Analyse an realen Gegebenheiten übrig bleibt ist sicherlich, dass die kurzweiligen, überschwänglichen Begrüßungszeremonien einiger motivierter Deutscher auch den Charakter einer narzisstischen Kompensation durch zum einen die Selbstaufwertung in der Helferrolle und zum anderen durch Partizipation an einer Gruppenbewegung, die identitätsstiftend und bindungsförderlich sein kann, aufwiesen, wobei auch hier eine Pathologisierung auch angesichts der Kürze dieser beschwingten (und keinesfalls, wie von Maaz konstatiert chronifizierten) Helferszenarien unangemessen ist. In Deutschland muss man sich auch keine „Sorgen“ darüber machen, dass ein aufkommender Enthusiasmus von langer Dauer ist und nicht kurze Zeit später durch einen ängstlichen Pessimismus wieder kastriert wird, damit man bloß nicht Gefahr läuft, sich in Freude und Optimismus zu verlieren.
Sicherlich gibt es auch (aber nicht übergreifend) so etwas wie eine unangemessene überkompensierte political correctness, unangenehme Wahrheiten werden von regierenden Politikern manchmal nicht ausgesprochen. Das eigene Bedürfnis nach Machterhalt ist bei den politisch Agierenden in ihrem Handeln in der Regel stärker handlungsmotivierend ausgeprägt als Überzeugungen und hiermit ist verbunden, dass politisch zu wenig langfristig gedacht und gehandelt wird. Mir scheint, so liegt es in der Natur des Menschen und des demokratischen Systems. Wer sich hiervon abhebt und behauptet, er würde in einer Verantwortungsposition grundlegend anders handeln und eben nicht aus eigenen Interessen motiviert, der gaukelt sich selbst und den anderen etwas vor.
„Menschen tun sich vor allem selbst etwas Gutes, wenn sie helfen“ – „Ja, und wenn schon?“ könnte man hier entgegnen. Wie praktisch, dass sie gleichzeitig auch anderen etwas Gutes tun. Zum Problem wird ein vorwiegend egoistisch motivierter Altruismus erst, wenn eine Machtposition gegenüber Schwächeren ausgenutzt wird. Doch darum ging es Hrn. Maaz nicht.
Am Ende laufen wir tatsächlich Gefahr, uns selbst zu schaden und eine „Lose-Lose-Situation“ zu produzieren, die in Teilen bereits jetzt beobachtbar ist: Unter dem Druck eines lauten, wütenden Teils der Bevölkerung und Politikern ist die Flüchtlingspolitik längst „korrigiert“ worden. Menschen werden in ein durch und durch unsicheres Herkunftsland Afghanistan zurückgeführt. Denjenigen, die in den Flüchtlingsunterkünften verharren, werden Steine in den Weg gelegt. Die anfängliche Motivation, in Deutschland zu arbeiten und die Hoffnung auf ein besseres (nicht lebensbedrohliches, menschenwürdiges) Leben, muss inzwischen angesichts bürokratischer Hürden und der Ablehnung eines Teils der deutschen Bevölkerung einer Stimmung von Desillusion und Depression bei nicht wenigen Geflüchteten weichen, einmal abgesehen von den nicht bewältigen kriegstraumatischen Erfahrungen. Und am Ende müssten wir uns wieder schämen. Schämen dafür, aus vorauseilender rückenmarksgesteuerter Angst und Wut wieder so inhuman mit anderen Völkern und Nationalitäten umgegangen zu sein. Wie sich die Situation entwickeln wird, bleibt jedoch für uns alle auch spekulativ.
Vernunft und Besonnenheit könnten uns dazu verhelfen, einen realistischeren, weniger affektgesteuerten Blick auf die Dinge zu werfen, was jedoch überhaupt die Bereitschaft hierzu voraussetzt. Eine solche braucht man jedoch nicht erwarten bei Menschen, die einen Sinn und Nutzen aus ihrer wütenden Anti-Haltung und ihrer, Presse-, Politiker- und Menschen-Schelte ziehen.
High Quality Content! Alles Gute für deinen Blog.
Danke! Endlich.
Vielen Dank.
Das tat jetzt sehr gut, diesen fundierten Artikel zu lesen. Frau Bockwyt, Sie haben mir aus dem Herzen gesprochen !
Manchmal frage ich mich, ob nicht ein Teil der Menschen schon seelenblind ist, Mitmenschlichkeit und eine verantwortungsvolle, humanistische Haltung zu diskreditieren, sich andererseits freiwillig dem Korrupten, Zerstörerischen anzuschließen, unterzuordnen, es scheinbar gut zu heißen, gerade so, als ob ich mich besser auf die Seite des prügelnden oder angstmachenden Elternteiles stellen wollte.
Wo bleiben da Weisheit und Intuition? Ist das nicht wirklich verrückt?! Und tragisch.
Liebe Fr. Kaiser! Vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Ich teile Ihre Fragen und Einschätzungen.
Schönen guten Tag,
interessant wie Sie zu Ihren Bewertungen kommen, Ich bin ehrlich gesagt der Meinung, dass weder Herr Maaz noch Ihnen komplett zuzustimmen ist. Ich glaube nicht, dass hier Lösungen in Form eines „Entweder-Oder-Denkens“ gefunden werden können, das ist alles recht pauschal und entwürdigt auch den jahrhunderlangen philosophischen und geisteswissenschaftlichen Diskurs. Ich vertrete hier eher einen Standpunkt eines „Sowohl-als-auch“ oder „weder-noch-Denkens“. Es gibt tatsächlich Menschen, die Ihnen Argumente liefern könnten, ihre oberflächlichen Analysen vertiefen; doch denen hört man in ihren Kreisen sicherlich nicht zu, denn diese sind in Ihren Augen sicherlich die Ketzer von heute, die sogenannten „Verschwörungstheoretiker“ oder um es einfach zu sagen: mit einem Wort aus dem Diskurs ausgeschlossen!
So einfach kann man es sich machen oder aber, man recherchiert ein wenig, bildet sich eine eigene Meinung, mit einer eigenen Argumentation, unabgeschrieben, weniger entfremdet. Dieser ganze Prozess ist aber sehr mühselig, doch ich denke, man sollte sich wirklich politisch informieren und nicht alles verabsolutieren, was in den Nachrichten gesendet wird. Bei Claus Cleber fängt die Recherche hier schon an;)
Sie sagen: „Angela Merkel zumindest ist offensichtlich keine Psychopathin, die in Kriege zieht oder sonstwie destruktiv gegen Menschen agiert.“ usw.
Hier ein kurzes Video, welches ihre Bewertung von Angela Merkel als liebevolle Führungspersönlichkeit ad absurdum führt:
https://www.youtube.com/watch?v=4GogBYE5EEc
Jaja, Verschwörungen und so… Ich gehe davon aus, in Ihren Informationsportalen werden solche Äußerungen nicht kritisch hinterfragt. Ich möchte Sie ermutigen den unvoreingenommenen Blick über den Tellerrand zu wagen, dann würden Argumentationen wie die Ihrige mit Sicherheit in ihrer Naivität entlarvt.
Trotzdem sei ihr Engagement für „das Gute“ natürlich gewürdigt, doch Sie als Psychologin müssten ja wissen, dass es mehrere Perspektiven gibt, auch ökonomisch, auch außenpolitisch usw…
Sie werden bereits nach einer kurzen Recherche feststellen: Wie der Diskurs in diesem Land geführt wird ist eine undemokratische Katastrophe und sich hoffentlich für den Frieden einsetzen, statt für das Großkapital und ihre Vertreter…
Viele Grüße
Rain
KenFM.
Ja, herzlichen Dank.
Sarkasmus.
Vielen Dank Herr Rain Bow, Sie treffen hier ins Schwarze.
Mittlerweile ist vieles passiert, was zur Zeit der „Meinung“ von
Frau Esther Bockwyt noch nicht vorlag.
Als „Inside Jobber“ habe ich andere Einblicke als der Großteil der Bevölkerung, leider darf ich dazu nichts ausführen, was nicht schlimm ist, die Realität findet den Weg in die Redaktionsstuben des Mainstream und auch Fr. Esther wird einiges überdenken müssen.
Ihnen allen Frieden, Glück, Gesundheit und Erfolg.
gez. I. JR.
Wie kryptisch und bedeutsam.
Sie müssen eine wichtige Position innehaben,
dass Sie so auch gar keine Hinweise geben können.
Zwinkersmiley